Ob Skulpturen auf der Aue oder Gemälde in der Chirurgie – alle Kunstwerke, die sich auf den Stationen der DRK Kliniken Berlin Westend befinden, wurden sorgfältig von Dr. Anne Marie Freybourg ausgewählt. Sie ist keine Medizinerin, sondern Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin von „Kunst Im Westend“. Wir sprechen heute mit ihr über ihre Mission, mit der Kunst die Heilung und die Verarbeitung von Erlebnissen aus dem Berufsalltag im Krankenhaus zu fördern.
Im Jahr 2001 habe ich eine erste Ausstellung mit zeitgenössischer Kunst vorbereitet. Die wurde gut angenommen, so dass man sich dazu entschieden hat, Ende 2002 einen Förderverein zu gründen: den „Kunst Im Westend e.V.„.
Es gab Situationen, wo Mitarbeitende sich in Kunstwerke verliebt haben und die Bilder mit nach Hause nehmen wollten. Das ist aber nicht unser Ziel, sondern uns es geht darum, im Krankenhaus für die Mitarbeitenden und für die Patient*innen Kunst auszustellen, damit sie ihre besondere Wirkung entfalten kann.
Natürlich gefällt nicht jedem jede Art von Kunst. Ich kann mich an eine Ausstellung mit sogenannter „monochromer“ Malerei erinnern, bei der nur eine einzige Farbe im Bild verwendet wird. Da gab es ziemlich Kritik. Daraufhin habe ich mich mit den Mitarbeitenden der Station verabredet und auch die Malerin dazu eingeladen. Sie hat erklärt, weshalb in der Geschichte der Kunst überhaupt die Idee aufkam, monochrome Malerei zu machen, und was sie als Künstlerin dabei beschäftigt. Mir ist klar, dass solche Bilder anfangs merkwürdig wirken, aber wenn man die Hintergründe erfährt, gewinnt die Kunst eine ganz andere Bedeutung.
Die Skulpturen, die wir hier auf dem Gelände haben, sind dauerhaft aufgestellt. Die Ausstellungen auf den Stationen sind Wechselausstellungen, die jeweils ein Jahr lang laufen. Es ist wichtig, dass die Kunst wechselt, damit die Mitarbeitenden immer wieder neue Erlebnisse haben können. Wir wollen ihnen eine Arbeitsumgebung anbieten, in der sie sich gut fühlen, und die Anreize bietet, den Kopf im stressigen Berufsalltag kurz freizubekommen und mit anderen Eindrücken und Gedanken als Krankheitsbildern zu füllen.
Die Kunstausstellungen wechseln nicht allzu schnell. Die Dauer von einem Jahr gibt dem Mitarbeiter die Möglichkeit, sich tatsächlich mit der Kunst auseinanderzusetzen. In einem Museum oder in einem Kunstverein hat man ja meist nur zwei bis drei Stunden Zeit dafür. Hier in den DRK Kliniken Berlin Westend hat man die besondere Gelegenheit, eine Weile mit der Kunst zu leben. Und dabei zu erleben, wie unterschiedlich man sie wahrnimmt. Dass das auch abhängig davon ist, wie man grade drauf ist. Das ist das Tolle an der Kunst, dass sie im Erlebnis nicht statisch ist, sondern von der Situation abhängig, und dass da ein Resonanzraum zwischen mir und dem Kunstwerk entsteht. Dieses Erlebnis und diese Erkenntnis wollen wir unseren Mitarbeitenden ermöglichen.
Wir machen im Moment fünf Ausstellungen parallel, in der Frauenklinik, in der Augenklinik und im Medizinischen Aufnahmezentrum (MAZ), in der Wiegmann Klinik, der Kardiologie und der Gastroenterologie. In der Chirurgie und der Unfallchirurgie befindet sich die Großausstellung. Die heißt so, weil sie sehr umfangreich ist. Zwischen 80 und 100 Werke werden dort gezeigt. Hier stellen wir höchst renommierte, internationale Künstler aus.
Jede Ausstellung versuchen wir auf die Patienten auszurichten. In der Frauenklinik zeigen wir experimentelle und junge Kunst. Wir wollen, dass die Babys schon von der ersten Minute ihres Lebens an mit guter Kunst zu tun haben 😉 . Für die Augenklinik und das MVZ haben wir eine Fotoausstellung vorbereitet, die „Orte des Schönen“ heißt – Landschaften und Architektur. Und die Mitarbeitenden der Wiegmann Klinik, Kardiologie und Gastroenterologie können sich an Arbeiten bekannter Berliner Künstler erfreuen. Mir ist vor kurzem aufgefallen, dass wir in den DRK Kliniken Berlin Westend mehr Kunstwerke ausstellen als manches Kunsthaus oder mancher Kunstverein.
Die Fachabteilungen kommen auf mich zu. Die Kardiologie zum Beispiel hat gesagt: Wir wollen auch! Wir möchten unbedingt, dass unsere Mitarbeitenden mit einbezogen werden. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, die Künstler und Künstlerinnen zu treffen, zum Beispiel bei der Ausstellungseröffnung. Oder wir laden die Künstler auf die Station ein und die Mitarbeitenden können dann die Geschichten hinter den Kunstwerken erfahren.
Wir bieten auch ein „Kunst und Medizin“-Programm an, das sind Fachvorträge, die sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Sehr beliebt waren auch unsere Kunstfeste. Das Leitthema ist: Ärzte, die berühmte Schriftsteller geworden sind. Denn die DRK Kliniken Berlin Westend haben einen Hausdichter gehabt: 1911 bis 1912 hat Gottfried Benn hier als junger Pathologe gearbeitet. Heute ist er als einer der großen deutschen Dichter bekannt. Wir haben durch Zufall erfahren, dass er im Westend gearbeitet hat, und das war der Anlass für unser erstes Kunstfest.
Möchtest Du auch in unserem Kunstkrankenhaus arbeiten? Bewirb Dich als Gesundheits- und Krankenpfleger / Krankenschwester im Kunstkrankenhaus!
Die Azubis aus dem Bildungszentrum sind immer herzlich eingeladen. In 2010, als wir mit einem Kunstfest einen amerikanischen Dichter vorgestellt haben, der sehr viel von seiner ärztlichen Tätigkeit in seinen Gedichten reflektiert hat, hatten wir ein spezielles Angebot für die Azubis. Sie konnten an einem Lyrik Workshop teilnehmen. Der lief über drei Monate und wurde von einem jungen Dichter betreut, der die Teilnehmer anleitete, selbst Gedichte zu schreiben. Als Abschluss des Kunstfests wurden die Gedichte von den Teilnehmern präsentiert. Das waren ganz tolle Gedichte. Mir standen die Tränen in den Augen vor Begeisterung!
Mir ist es wichtig, dass man Kunst erlebt und reflektiert. Aus diesem Grund biete ich die Kunstgespräche an, zum Beispiel in der Chirurgie. Dafür hole ich die Chirurgen morgens vor ihrer OP-Besprechung ab und mache mit ihnen einen Rundgang durch die Ausstellung auf ihrer Station. Wir fangen schon um 7.10 Uhr an und beschäftigen uns 20 Minuten mit der Kunst. Manche meiner Kuratoren-Kolleg*innen können nicht glauben, dass ich schon so früh über Kunst reden kann!
Sie reagieren sehr unterschiedlich. Die Kunst dient als Eisbrecher und kann ein Grund sein, um ein Gespräch zum Beispiel mit anderen Patienten anzufangen. Sie wird gelegentlich auch „praktisch“ genutzt. Ein Physiotherapeut in der Chirurgie benutzt die Bilder als Meilensteine bei der Reha. Die Patienten laufen von einem Bild zum anderen und können ihren Fortschritt daran messen, wie viel sie schon von der Ausstellung gesehen haben.
Schon seit Jahren gibt es vor allem im englischsprachigen Raum Studien, in denen der Einfluss von Kunst auf die Genesung der Patienten erforscht wird. Immer mehr Krankenhäuser legen Wert nicht nur auf eine erstklassige Behandlung, sondern auf eine ansprechende, ästhetische Umgebung für die Patienten. Man weiß heute: Die Psyche spielt eine sehr wichtige Rolle in der Genesung. Ich hoffe, dass unser engagiertes Kunst- und Kulturprogramm den Mitarbeitenden und auch den neuen Kollegen zeigt, dass die DRK Kliniken Berlin nicht eine „Genesungsmaschine“ sind, sondern ein Ort, an dem es Ärzten und Pflegekräften wichtig ist, die mentalen und emotionalen Kräfte der Patienten für den Heilungsprozess zu nutzen.
Wir sind gerade dabei, für die Räume des neuen Brustzentrums eine Ausstellung einzurichten. Ich hoffe, sie wird schön. Die Frauen, die dort zur Voruntersuchung hinkommen, sollen von schöner Kunst umgeben sein.
DRK Kliniken Berlin / Katarzyna Marek-Pokorny
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