„Respekt ist keine Einbahnstraße“: Krankenpfleger Jürgen über Homosexualität in den Pflegeberufen

Im Mai haben die DRK Kliniken Berlin am 9. Deutschen Diversity-Tag teilgenommen und eine Woche lang jeden Tag Geschichten von Mitarbeitenden mit Diversity Eigenschaften veröffentlicht. Unser Ziel war, einen weiteren Schritt in Richtung Toleranz und Offenheit zu machen. Bei unseren Mitarbeitenden ist das super angekommen, viele weitere Kolleg:innen haben sich gemeldet, vernetzt und Ideen eingebracht. Heute möchte Jürgen seine Erfahrungen zum Thema Diversity teilen. Er ist Gesundheit- und Krankenpfleger im Springerpool in Köpenick und homosexuell.

Wie hast Du in Deiner beruflichen Laufbahn Diversity in der Pflege erlebt?

Am Anfang meiner Karriere war es nicht leicht. Man musste nicht nur gegen feindliche Blicke und Kommentare kämpfen, sondern auch gegen Vorurteile. Ein verbreitetes Klischee war: Jeder Mann, der als Gesundheits- und Krankenpfleger arbeitet, ist schwul. Heutzutage entscheiden sich immer mehr Männer, in der Pflege zu arbeiten, unabhängig von ihren sexuellen Präferenzen. In den letzten 30 Jahren hat sich viel zum Positiven verändert. Die neue Offenheit ist sehr präsent.

Sowohl von den Patient:innen, als auch von Kolleg:innen und aus der Leitungsebene gibt es immer wieder Signale, dass Vielfalt bei den DRK Kliniken Berlin erwünscht und willkommen ist. In jeder einzelnen Stellenanzeige wird es betont, dass das Unternehmen sich über Bewerbungen von Menschen ungeachtet ihrer ethnischen, nationalen oder sozialen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder ihrer sexuellen Identität freut. Und das ist nicht nur eine leere Floskel: In den letzten drei Jahren habe ich festgestellt, dass es selbstverständlich geworden ist, dass man sich nicht verstellen muss. Wir sind als Minderheit auf Augenhöhe mit allen anderen. Respekt ist keine Einbahnstraße.

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Ist es wichtig, sich bei Kolleg:innen und Patient:innen zu outen?

Die sexuelle Identität hat eine sehr große Auswirkung auf das Leben einer Person, auch auf das Berufsleben. Ob man damit offen umgeht oder es für sich behält, hängt vom Gegenüber ab. Bei den Patient:innen erwähnt man nicht so gern, dass man homosexuell ist. Das ist an der Stelle nicht wichtig. Aber im Kreise der Kolleg:innen ist es schon wichtig. Die Kolleg:innen sind schließlich die Menschen, mit denen Du in Deinem Leben die meiste Zeit verbringst.

Die Offenheit muss aber in beiden Richtungen funktionieren, also auch ich muss offen sein. Es muss Platz geben, um jede Meinung zu äußern. Für mich ist es auch gut zu wissen, wenn jemand mit gleichgeschlechtlicher Liebe nichts anfangen kann. Auch das hilft dabei, besser zusammenzuarbeiten. In solchen Fällen weiß ich, dass ich einfach über andere Themen sprechen sollte.

Einen sicheren Arbeitsort für Mitarbeitende mit Diversity Eigenschaften zu schaffen, ist eines der wichtigsten Ziele eines Unternehmens. Aber ein Unternehmen kann nur die Möglichkeit bieten, offen über Unterschiede zu sprechen. Die Entscheidung, was man von sich erzählt, bleibt trotzdem immer bei der einzelnen Person. Es gibt auch Kolleg:innen, die sich nicht trauen zu erwähnen, dass sie in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben. Sie haben Angst, sich angreifbar zu machen. Ich kann das verstehen. Andere Mitarbeitende öffnen sich langsam, weil sie das Gefühl haben, dass das Unternehmen sie unterstützt und die Leitung hinter ihnen steht.

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Was sind Deine Hoffnungen für die Zukunft?

Ich habe den Wunsch, dass es egal ist, welche sexuellen Präferenzen man hat. Ich will nicht Toleranz, sondern Akzeptanz! Ich weiß, dass es schwierig zu akzeptieren ist, aber ohne Akzeptanz kommen wir nicht weiter. Uns homosexuelle Pflegende gibt es. Wir sind überall in der Gesellschaft.

Gleichstellung sollte nicht nur rechtlich gewährleistet sein, sondern von den Unternehmen, seinen Mitarbeitenden und Kund:innen oder eben Patient:innen gelebt werden. Dank Aktionen wie der Diversity Themenwoche der DRK Kliniken Berlin wächst das Verständnis, das finde ich gut! Im Job sollte nur die Professionalität beurteilt werden. Was privat ist, bleibt privat. Eine gute Pflegekraft bin ich, weil das für mich kein Job, sondern eine Berufung ist. Mit meinen sexuellen Neigungen hat das nichts zu tun.

Mein kleiner Tipp fürs Unternehmen: Wir brauchen eine neutrale Stelle, an die sich Mitarbeitende wenden können, wenn sie Hilfe brauchen. Damit meine ich nicht nur Krisenhilfe, wenn man sich als Minderheit ausgegrenzt fühlt. Sondern allgemein Lebenshilfe zu Fragen wie: Wenn ich mich als homosexueller Pflegender zu Hause oder im Team outen will, wie mache ich das?

Text: DRK Kliniken Berlin / Katarzyna Marek-Pokorny

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Maja_Schaefer, am 24. August 2021
Diversity, Köpenick
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