Unsere Gesundheits- und Krankenpflegerin Manja hat sich schon lange gewünscht, auf einer Palliativstation zu arbeiten, und diesen Herbst wird es endlich soweit sein. Denn dann eröffnet an unserem Standort Mitte eine solche Station, für die wir gerade ein neues Team zusammenstellen. Manja wird eine der ersten sein, die dorthin wechseln. Im Interview erzählt sie, wie sie durch ihre Uroma und ein Schulpraktikum zum Pflegeberuf kam und wie man drauf sein sollte, um sich für einen Job auf der neuen Palliativstation zu eignen.
Ich wollte schon immer mit Menschen arbeiten und Menschen helfen. Büroarbeit ist nicht so meins. Als meine Uroma pflegebedürftig wurde, habe ich sie versorgt. Im Jahr 2005 habe ich meine Pflegeausbildung begonnen, weil mir mein Schulpraktikum im Krankenhaus so gut gefallen hatte, und bin danach in der Pulmologie gelandet. Dort habe ich häufig mit palliativen Fällen zu tun gehabt.
Nachdem ich mein zweites Kind bekommen hatte, habe ich 2017 eine Weiterbildung zum Thema Palliative Care gemacht. Seither war es mein Wunsch, auf einer Palliativstation zu arbeiten. Dass ich das nun hier in den DRK Kliniken Berlin Mitte tun kann, ist toll. Das kleine, familiäre Haus gefällt mir. Es hat viele Vorteile. Man kennt fast jeden und weiß, an wen man sich am besten mit diesem oder jenem Problem wendet.
Das Wort „palliativ“ bedeutet „ummantelt“ oder „umsorgt“. Und das beschreibt es schon ganz gut. Während die Ärzt*innen sich häufig auf die Erkrankung fokussieren, sehen wir als Palliativteam auch „das Drumherum“: die Psyche des Patienten, seine Sorgen und Bedürfnisse, seine Symptome wie etwa Schmerzen und seine Angehörigen. Komplexbehandlung bedeutet, dass sich ein multiprofessionelles Team um die Patient*innen kümmert. Dazu gehören Psychoonkolog*innen, Sozialarbeiter*innen, Psychotherapeut*innen, Palliativmediziner*innen und eben speziell geschulte Pflegekräfte wie ich.
Im Palliativbereich ist Pflege wie sie eigentlich überall sein sollte. Man hat die Zeit, den kompletten Menschen zu sehen. Man kann sich ans Bett setzen oder einen Spaziergang im Garten mit Patient*innen machen, die ewig nicht an der frischen Luft waren. Man kann mit den Angehörigen sprechen. Das Thema Tod ist natürlich immer präsent und emotional sehr belastend, aber wenn ich allzu schwermütig werde, erinnere ich mich daran, dass ich den Menschen ja trotz allem helfe. Auch wenn sie sterben, sorge ich dafür, dass sie es schön haben und so wenig wie möglich leiden müssen. Meist sind sie sehr dankbar dafür, dass ich ihnen Schmerzen und Ängste genommen habe und sie auf ihrem letzten Weg begleite. Das ist ein sehr schönes Gefühl für mich.
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Bisher betreuen wir palliative Fälle konsiliarisch. Das heißt, die Ärzt*innen melden uns einen Fall und wir gehen auf die jeweilige Station und besuchen den Patienten dort. Parallel zur Palliativarbeit arbeite ich aber auch ganz normal als Pflegefachkraft in der Pulmologie. Wenn die neue Palliativstation eröffnet wird, werde ich nicht mehr diese Zweiteilung haben, sondern nur noch Palliativarbeit in einem festen Stationsteam machen. Wir werden Zweibettzimmer mit eigenen Bädern haben. Ich werde ganz für „meine“ Patient*innen da sein, auch Tätigkeiten wie die Körperpflege übernehmen, und sie noch besser kennenlernen. Ich hoffe, dass ich weiter vorwiegend Frühschichten machen kann, denn so kann ich Beruf und Familie am besten vereinbaren. In der Pulmologie klappt das sehr gut, weil es viele Kolleg*innen gibt, die die Spät- und Nachtdienste übernehmen.
Ich würde mich freuen, wenn wir auf der Palliativstation mittelfristig Angebote wie Aromatherapie machen können. Auf dem Gebiet würde ich mich gerne weiterbilden. Bei meiner Hospitation habe ich gesehen, wie man mit Aromaölen direkt an der Haut arbeiten oder über Duftlampen eine besondere Atmosphäre kreieren kann. Es gibt Düfte zum Erfrischen und Beruhigen, Salbei und Lavendel zum Beispiel, man kann sich auch selber individuelle Mischungen zusammenstellen. Toll wäre es, wenn wir langfristig auch Musik- und Kunsttherapie anbieten könnten. Auf jeden Fall dürfen wir bei der Gestaltung der neuen Station mitentscheiden und zum Beispiel die Wandfarbe aussuchen!
Leider sind die Worte „Hospiz“ oder „Palliativstation“ sehr negativ besetzt. Irgendwie haben die Patient*innen oder Angehörigen das Gefühl, als würde man dort schneller sterben oder mögliche Behandlungen nicht mehr angeboten bekommen, und gehen lieber in eine Pflegeeinrichtung. Dabei stimmt das natürlich nicht und es ist sehr gut, dass es die Palliativstation als Zwischenschritt gibt.
Auf einer chirurgischen Station wird zum Beispiel festgestellt, dass ein Tumor nicht mehr behandelbar ist, der Patient aber zu viele Schmerzen hat, um in diesem Zustand nach Hause geschickt zu werden. Auf der Palliativstation stellen wir in Ruhe seine Schmerzmedikamente ein und schauen, ob es von dort aus nach Hause oder in ein Hospiz oder eine Pflegeeinrichtung gehen könnte oder ob er bis zum Ende bei uns bleibt.
Besonders bei türkischen und arabischen Familien, die wir hier in Berlin-Wedding viel betreuen, ist es so, dass sie zunächst aufbrausend und ablehnend auf das Konzept der Palliativpflege reagieren. Umgekehrt zeigen sie aber, wenn der Angehörige verstorben ist, ihre Dankbarkeit auch sehr emotional, nehmen einen in den Arm. Das ist schön für uns Palliativpflegekräfte zu sehen, wie sich die Einstellung gegenüber unserer Arbeit ändert.
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Sie sollten gut mit Schwerstkranken umgehen können. Dazu muss man Ruhe und Empathie ausstrahlen. Mit dem Alter hat das wenig zu tun: Lebenserfahrung kann natürlich helfen, aber es gibt auch junge Pflegekräfte, die das sehr gut können und umgekehrt erfahrene Pflegekräfte, die nicht zur Palliativpflege passen.
Die neuen Kolleg*innen sollten auch gut mit Angehörigen umgehen können. Denn Angehörige von Schwerstkranken können manchmal schwierig und vorwurfsvoll sein. In ihrer Verzweiflung geben sie uns Palliativpfleger*innen die Schuld: „Ihr tut zu wenig, ihr macht nicht genug!“ Wir versuchen sie dann abzuholen, indem wir den Krankheitsverlauf anhand von Befunden, aber auch Bildgebungen noch einmal durchgehen. Und indem wir aufzeigen, was wir durchaus noch tun können, nämlich Schmerzen lindern, Bedürfnisse sehen.
Humor wäre auch wichtig! Wenn man die Dinge zu nah an sich ranlässt, geht man kaputt. Wir sind im Palliativteam sehr humorvoll unterwegs. Das heißt nicht, dass wir traurige Situationen überspielen – die lassen wir durchaus zu. Aber der Humor ist ein Ausgleich. Hier wird viel gelacht, auch mit den Patient*innen. Viele finden es gut, wenn man eine humorvolle Art an den Tag legt. Sie wollen nicht immer nur bemitleidet werden, sondern auch mal zum Lachen animiert werden.
Ich habe inzwischen drei Kinder, für jedes habe ich ein Jahr Elternzeit genommen, und einen Hund – die sind sozusagen mein Hobby 😉 Wir versuchen, viel draußen in der Natur unterwegs zu sein, fahren Fahrrad, gönnen uns Familienzeit.
Interview: DRK Kliniken Berlin / Maja Schäfer
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