Obwohl in Deutschland der Pflegeberuf nicht wie in anderen Ländern an der Uni gelernt wird, gibt es immer mehr Pflegefachpersonen, die sich nach der Ausbildung für ein Pflegestudium entscheiden. Spannend wird es dann danach, denn die Tätigkeiten für Pflegefachkräfte mit Bachelorabschluss sind hierzulande nicht so klar geregelt. Bei den DRK Kliniken Berlin ändert sich das aber jetzt, wie das Beispiel „Josephine“ zeigt.
Ich habe eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Examen im Jahr 2018 gemacht. Direkt danach habe ich angefangen, den Bachelor Gesundheitswissenschaften zu studieren, und nebenbei als Leasingkraft gearbeitet. Die Entscheidung für den Studiengang Gesundheitswissenschaften statt Pflegewissenschaften habe ich ganz bewusst getroffen, denn ich wollte mich mit Themen beschäftigen, die die gesamte Bevölkerung angehen – nicht nur erkrankte Menschen. Inzwischen stecke ich mitten im Masterstudium Bildungswissenschaften.
Während der Pandemie bin ich aus dem Leasing in den Springerpool der DRK Kliniken Berlin Mitte gewechselt. Als ich meinen Bachelor in der Tasche hatte, wollte ich eigentlich kündigen, weil ich etwas mit dem Studienabschluss anfangen wollte. Ein Weg wäre beispielsweise gewesen, den Master Public Health dranzuhängen und bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu arbeiten. Meine Entscheidung für den Master Bildungswissenschaften könnte zu einer Tätigkeit als Lehrerin für Pflegeberufe oder in einem bildungswissenschaftlichen Institut führen.
Doch die DRK Kliniken Berlin Mitte haben mir angeboten, ein wissenschaftliches Projekt zu übernehmen, in dem ich meine neuen Fähigkeiten und Kenntnisse einbringen kann, und trotzdem nebenbei weiter am Bett arbeite, um den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren. Es wurden viele Gespräche geführt und hat eine Weile gedauert, bis wir uns auf ein Thema und eine kleine Höhergruppierung beim Gehalt geeinigt hatten, aber inzwischen bin ich richtig drin!
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Ich beschäftige mich mit dem Thema „Versorgung von Amputationspatient*innen“. Ursprünglich sollte es nur um Majoramputationen oberhalb des Sprunggelenks gehen, nach Prüfung der Daten des Medizincontrollings erwägen wir, das Projekt auch auf Minoramputationen (z.B. einzelne Zehen) und Patient*innen mit diabetischen Komplikationen, die zur Amputation führen, auszuweiten.
Wir gucken uns ganz kleinschrittig jeden Bereich, den die Amputationspatient*innen in unserem Krankenhaus durchlaufen, an. Wie sind die Prozesse aktuell und was sagen neueste wissenschaftliche Studien dazu? Verbesserungsvorschläge sollen erarbeitet und dann implementiert werden.
Das erste halbe Jahr habe ich erstmal damit verbracht, gemeinsam mit Juliane Winkler, der Referentin für Pflegeentwicklung in der DRK-Schwesternschaft Berlin, eine klare Stellenbeschreibung zu formulieren und mich in das Thema Projektmanagement einzuarbeiten. Wie setzt man ein Projekt auf? Was ist ein Behandlungspfad („clinical pathway“)? Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Ich sehe es als große Chance, meine Aufgaben selbst festlegen zu können und dabei aber eng gecoacht zu werden. In Quartalsgesprächen mit Juliane legen wir Ziele und Zwischenziele fest und passen sie immer wieder an aktuelle Entwicklungen an.
Aber im vergangenen Monat habe ich den ersten Schritt in die Praxis gemacht und mir bei einem Hospitationstag einen der Versorgungspunkte angeschaut, an denen unsere Patient*innen den Erstkontakt haben: die Gefäßambulanz. Demnächst führe ich ein Interview mit der Abteilungsleiterin Dilek Erusta. Ein häufiges Problem ist, soviel kann ich jetzt schon sagen, die Schnittstellenkommunikation. Die Fachbereiche arbeiten oft noch sehr für sich alleine, viel Potenzial geht verloren, es fehlt das Verständnis für die Arbeit der anderen. Eigentlich sollte es so sein, dass die nächste Abteilung im Behandlungspfad von der Arbeit profitiert, die vorher schon gemacht wurde.
Natürlich war ich unsicher, was die Kolleg*innen in den Abteilungen von mir denken würden. Als Springerin bin ich nur viermal im Monat auf Station im Einsatz und vier Tage arbeite ich an meinem Projekt. Nebenbei studiere ich weiter. Würde ich mit meinen 16 Wochenstunden ernstgenommen werden mit meinen Verbesserungsvorschlägen?
Aber ich erlebe eine große Offenheit, weil ich auch meinerseits sehr transparent arbeite. Ich will keine Mehrarbeit erzeugen, sondern zuhören. Und einige haben geradezu darauf gewartet, dass sie ihre Ideen einbringen können. Unter meinen Kommiliton*innen erzählen viele, dass sie ein großes Verständnis dafür erleben, dass die Pflege sich weiterentwickeln muss. Aber dass die Projekte überall noch in den Kinderschuhen stecken und nicht ohne Hürden anlaufen.
Es ist toll, Theorie und Praxis zu kombinieren und die Pflege macht mir auch weiterhin Spaß, aber manchmal ist es durchaus nicht leicht, alles unter einen Hut zu bringen. Dann bin ich vielleicht gerade sehr fokussiert auf mein Projekt und weiß genau, was ich als nächstes dringend machen müsste, aber die nächsten zwei Wochen sind Einsätze am Bett vorgesehen und die Wissenschaft muss warten.
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Ich hätte Lust, Aufklärungsarbeit für Patient*innen und Kolleg*innen zu machen, z.B. in Form von Schulungen. Es lohnt sich auf jeden Fall, neugierig zu bleiben und sich zu trauen, eigene Wege zu gehen. Sie müssen auch nicht unbedingt geradlinig verlaufen. Ich mache z.B. etwas Pflegewissenschaftliches, ob wohl ich keine Pflegewissenschaft studiert habe. Vieles lässt sich übertragen, wenn man bereit dazu ist. Offenheit und Interesse sind wichtig und Gelegenheiten zu ergreifen, wenn sie sich bieten.
Meine größten Hobbys sind in dieser Reihenfolge: stricken, lesen, laufen. Ein bisschen Zeit zum Abschalten brauche ich zwischendurch. Ich stricke Pullis, Schals, Mützen, Strickjacken – meist für mich selber. Stricken ist sehr meditativ, fast schon wie eine kleine Sucht, ich kann gar nicht mehr aufhören ;-)!
Interview: DRK Kliniken Berlin / Maja Schäfer
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