Azubis in Aktion: Zum fünften Mal hat unsere Kreativwerkstatt die biz Pflegekonferenz organisiert. Dass die Veranstaltung wegen Corona in anderer Form als in den letzten Jahren stattfinden musste, hat die Teilnehmenden nicht daran gehindert, neue Ideen für die Zukunft der Pflege zu erarbeiten.
Der Freitag, der 23. Oktober 2020, scheint auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich zu sein. Ein weiterer regnerischer Herbsttag. Doch in den vier Kursräumen unseres Bildungszentrums fängt schon früh am Morgen die Arbeit an. Bänke werden verschoben, Stühle im Kreis aufgestellt, Präsentationen auf die Tafeln gebeamt und die Fenster weit geöffnet. Hinter diesen Vorbereitungen stecken Valentin Herfurth und Alexander Warnke. Gemeinsam mit Lea Friedrich und Ute Spiegel bilden sie das Team der Kreativwerkstatt und haben unsere Auszubildenden zur Pflegekonferenz eingeladen.
Die Pflegekonferenz ist aus dem Wunsch zum Meinungsaustausch entstanden. Seit Jahren wird öffentlich darüber diskutiert, dass Veränderungen in der Pflege notwendig sind. Allerdings werden dabei verhältnismäßig wenige Ideen eingebracht. Die Pflegekonferenz ist genau der richtige Ort, um Probleme zu benennen, aber eben auch Lösungen für die gesamte Branche zu erarbeiten. Das ist auch das Ziel der Workshops: mit den Auszubildenden Themenbereiche zu identifizieren, die für sie wichtig sind. Daraus wird ein Katalog von Aufgaben entstehen, an denen unsere geplante Auszubildendenvertretung in Zukunft arbeiten wird, um einerseits die Ausbildung in unseren Häusern weiter zu verbessern und andererseits die Pflegebranche positiv zu verändern.
Dieses Jahr konnte die biz Pflegekonferenz nicht in gewohnter Form als Großveranstaltung mit allen Auszubildenden stattfinden. Wegen der Pandemie haben wir auf die Versammlung in der Aula verzichtet und entschieden, die Konferenz in Form von kleinen Workshops anzubieten. Das bedeutete: keine externen Gäste, keine externen Dozenten, keine kursübergreifende Zusammenarbeit. Leider mussten wir auch die Wahl zur Gründung der Auszubildendenvertretung verschieben.
An den Workshops haben rund 90 Azubis aus vier Kursen teilgenommen. Sie wurden in kleine Gruppen aufgeteilt und arbeiteten unter Einhaltung der Hygieneregeln. Jeder Workshop bestand aus drei Phasen. In der ersten Phase haben die Teilnehmende ihre Ängste und Probleme genannt, in der zweiten ihre Wünsche formuliert und in der dritten konkrete und realistische Maßnahmen überlegt. „Die Auszubildenden haben mit sehr viel Engagement gearbeitet. Sie haben ihre persönlichen Geschichten mit uns geteilt und uns auf die Probleme aufmerksam gemacht, die wir bisher nicht kannten“, erzählt Mitorganisatorin Lea Friedrich.
„Ich bin sehr zufrieden damit, wie unter den aktuellen Umständen die Konferenz stattgefunden hat“, ergänzt Alex Warnke. „Fast alle Teilnehmenden waren höchst engagiert und haben sehr fleißig mitgemacht. Am Anfang habe ich noch gesehen, dass sie unsicher waren und bisschen nervös. Aber sobald sie gemerkt haben, dass wir ein offenes Ohr für sie haben und ihre Aussagen nicht beurteilen, haben sie voller Ernst mitgemacht“. „Klar gibt es auch einige, die viel Veränderung erwarten, aber nicht bereit sind, sich dafür einzusetzen“, bedauert Lea. „Wir haben aber festgestellt, dass durch den Workshop viele Auszubildende ihre Einstellung ändern und doch mitmachen wollen.“
Eine ähnliche Stimmung konnten wir unter den Auszubildenden erleben. Am Anfang waren sie ein bisschen scheu und vorsichtig mit ihren Aussagen. Im Laufe des Tages änderte sich das und sie trauten sich, ihre Überlegungen ganz offen zu präsentieren. „Meiner Meinung nach ist ein großes Problem der Mangel an Wissenschaft in der Pflege“, findet Anh aus dem 6. Semester. „Ich denke, dass der Beruf nur noch durch ein Studium erlernt werden sollte. Damit es praxisorientiert bleibt, könnte man ein Duales Studium anbieten, in dem man viele Praktika absolviert. Oder ein praktisches Jahr als Ergänzung vorsehen.“
„Für mich ist es sehr wichtig, dass man uns eine kompetente Praxisanleitung anbietet“, sagt Milet aus dem 3. Semester. „Wir brauchen definitiv mehr Zeit zum Anleiten. Sehr oft passiert es, dass wir in einer neuen Abteilung anfangen und es zu wenig Zeit gibt, um uns alle Ecken und Schränke zu zeigen. Die Teamkollegen sind natürlich mit ihrem Job beschäftigt, aber hinterher sind sie unzufrieden, wenn wir nicht wissen, in welchen Schrank wir etwas einräumen müssen. Ich denke, dass jeder Azubi eine Vertrauensperson auf der Station bekommen sollte. Eine Person, die für ihn verantwortlich ist und sich darum kümmert, dass er alle wichtige Informationen bekommt.“
Die Teilnehmenden schätzen die Pflegekonferenz sehr. Obwohl die ungewöhnliche Form nicht optimal ist, betonen sie die Wichtigkeit des Treffens. „Es ist schade, dass dieses Jahr die Konferenz in einer anderen Form stattfindet. Letztes Jahr war es viel witziger“, erinnert sich Marcus aus dem 6. Semester. „Das Angebot war auch wesentlich größer. Ich würde gerne wieder an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. Es ist aber schon wichtig, dass wir uns hier getroffen haben. Die Stimmung hier ist sehr motivierend und wir merken auch, dass sich seit letzten Jahr etwas bewegt hat.“
Dem kann Gloria aus dem 3. Semester nicht ganz zustimmen. Auch sie ist der Meinung, dass man die Pflegekonferenz weiterhin organisieren sollte. Sie sagt aber: „Ich finde es gut, dass wir wieder miteinander geredet haben. Schade nur, dass wir immer wieder dieselben Probleme benennen, die frühere Kurse auch schon hatten, und sich manches trotzdem nicht ändert. Das demotiviert mich ein bisschen.“
Aber es geht ja nicht nur ums Ansprechen, sondern auch darum, selbst Verantwortung für die Veränderungen zu übernehmen, findet das Orgateam. „Unser Ziel war, den Auszubildenden die Angst zu nehmen und ihnen zu zeigen, dass man hier viel verändern kann, und zwar von Anfang an, auch schon als Auszubildender oder Berufseinsteiger“, sagt Valentin Herfurth von der Kreativwerkstatt. „Viele haben verstanden, dass es hauptsächlich von ihnen selbst abhängt, wie ihre berufliche Zukunft aussehen wird.“
Die Kreativwerkstatt ist übrigens eine Initiative der DRK Kliniken Berlin, deren Ziel es ist, durch verschiedene Projekte ein neues berufliches Selbstverständnis für Pflegende, ein besseres Image für die Pflege und eine wertschätzende Unternehmenskultur voranzubringen. Jeder kann mitmachen, der sich für Veränderungen in der Pflege einsetzen will. Die biz Pflegekonferenz ist nur ein Bruchteil dessen, was das Team der Kreativwerkstatt leistet. Außerdem gibt es ein Filmprojekt für das Image der Pflegeberufe und das pflegerische Selbstverständnis, einen Werbefilm für die Klinik für Geriatrie am Standort Westend, Health Slams oder den Walk of Care. Und die vier Kreativen haben noch viele neue Ideen: „Jeden Mittwoch nehmen wir an der Kundgebung der Kampagne #gibuns5 teil. Sie findet um 15:00 Uhr vor dem Gesundheitsministerium statt. Jeder kann kommen, um zu hören, was wir zu sagen haben, und uns unterstützen“, so Lea Friedrich.
Text: DRK Kliniken Berlin / Katarzyna Marek-Pokrony
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