Nach einigen beruflichen und privaten Umwegen hat Heidi mit 34 Jahren die Ausbildung zur Medizinisch-Technischen Laborassistentin gemacht. Inzwischen arbeitet sie im Labor der DRK Kliniken Berlin Mitte und hat sich zur Praxisanleiterin weitergebildet. Warum sie lieber mit der Hand als mit Geräten arbeitet, wann es im Labor plötzlich hektisch wird und was sie in unserer Social Media-Schulung für Praxisanleiter*innen gelernt hat, erzählt sie im Interview.
Ich wollte im medizinischen Bereich tätig sein, habe mir aber psychisch und körperlich nicht zugetraut, in die Pflege zu gehen und mich mit den persönlichen Schicksalsschlägen der Menschen auseinanderzusetzen. Eine Idee war dann, Tiermedizin zu studieren. Doch ich habe mein Abitur, das ich im Erwachsenenalter als Mutter von drei Kindern nachholen wollte, nicht bestanden, und musste diesen Traum begraben. Meine Frau kam dann auf die Idee mit der Ausbildung zur Medizinisch-Technischen Assistentin. Ich habe recherchiert und festgestellt, dass das genau das Richtige für mich ist! Ich würde mit Humanmedizin zu tun haben, aber aus einer gewissen Distanz zum Patienten heraus.
Mit 34 Jahren war ich natürlich die Omi im Kurs. Andere Schüler*innen hatten die Ausbildung direkt nach dem Realschulabschluss angefangen, wieder andere waren Mitte zwanzig. Aber tatsächlich hatten wir viel Spaß zusammen, auch neben der Ausbildung! Ich habe nur gemerkt, dass mir das Lernen schwerer fiel als den jungen Leuten. Ich musste mich mehr reinknien, mir Inhalte zu merken.
Meine Frau, die bei Jenoptik arbeitet, hat mir den Rücken freigehalten. Die Kinder fanden meine Ausbildung spannend und haben mich am Tag der offenen Tür besucht. Als sie aber dann einen präparierten Uterus auf dem Tisch liegen sahen, haben sie sich doch geekelt und gemeint, dieser Beruf sei nichts für sie.
Wir sind hier in den DRK Kliniken Berlin Mitte besonders auf die Notfalldiagnostik spezialisiert, machen aber auch Routinediagnostik. Ich finde es schön, an einem relativ kleinen Standort zu arbeiten, weil man fachübergreifend den Bezug zu anderen Kolleg*innen hat. Man weiß: „Das ist die Schwester Natalie, die kommt jetzt und holt die Blutkonserven ab.“ Wir sind ein übersichtliches Team von drei bis vier Personen. Davon sind zwei im Tagdienst eingeteilt und ab 16 Uhr und in der Nacht ist man alleine.
Auch zum Patienten habe ich hier mehr Bezug als ich anfangs dachte. Denn wir haben zwar in den letzten zehn Jahren immer mehr Geräte im Labor bekommen, aber arbeiten nicht voll automatisiert. Und letztlich ist das auch wichtig im Labor, dass der Patient nicht nur eine Barcodenummer mit Blutwerten dahinter ist.
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Also, was ich nicht so gerne mache, ist die viele Papier- und Büroarbeit bei der Blutgruppenbestimmung. Dort muss viel dokumentiert werden, weil Nachvollziehbarkeit besonders wichtig ist, falls es zu Transfusionszwischenfällen kommt. Lieber mag ich die Diagnostik, bei der wir noch mit der Hand arbeiten, weil es schnell gehen muss. Zum Beispiel wenn jemand blutend in die Notaufnahme kommt oder auf dem OP-Tisch liegt und zu bluten anfängt. Dann kann die sonst ruhige Atmosphäre im Labor plötzlich sehr stressig-spannend werden, je nachdem wie man es sieht.
Wenn es Unstimmigkeiten in der Kreuzprobe gibt, wenn der Patient Antikörper entwickelt, müssen wir zeigen, was wir können. Die Klinische Chemie ist für mich am Spannendsten, weil sie das komplette körperliche System des Menschen beschreibt, Aussagen über sämtliche Organe und Krankheiten sichtbar macht.
Als MTLs haben wir den Vorteil, dass wir uns selbst aussuchen können, wie tief wir in die Schicksale einsteigen. Als Pflegekraft kann man sich nicht zurückziehen, denn man steht ja neben dem Bett. Ich dagegen kann überlegen, ob ich auf der Station anrufe und frage, wie es dem Patienten geht, wenn uns zuerst die Blutkonserven geradezu aus der Hand gerissen werden und es dann plötzlich heißt: „Wir brauchen keine mehr.“ Oder wenn ich anhand der Labor- und Personendaten sehe, dass sich ein junger Mensch im Sterbeprozess befindet.
Ich entscheide das nach Bauchgefühl. Es ist wichtig für mich, mir immer wieder klarzumachen, dass es um Menschenleben geht und ich nicht bei Aldi an der Kasse arbeite. In unserem Mikrokosmos Labor gerät das allzu leicht in Vergessenheit. Andererseits schirme ich mich bei Themen ab, die mich persönlich tangieren, weil ich zum Beispiel im Familienkreis einen Betroffenen mit einer ähnlichen Erkrankung habe. Dann empfinde ich das Labor als schützenden Raum.
Mir macht es Spaß, mein Wissen auch außerhalb der Alltagsroutine aufzufrischen. Vieles aus der Ausbildung vergisst man, und dann kommt in der Weiterbildung zur Praxisanleiterin die Erkenntnis: „Ach stimmt, deswegen machen wir das so und so!“ Weitere Karriereschritte zum Beispiel zur Leitenden MTA oder zur Lehrkraft für auszubildende Medizinische Technologen für Laboratoriumsanalytik interessieren mich aber nicht. Ich mag meinen Job, aber meine Freizeit ist mir auch wichtig!
Die Fortbildungen im Rahmen der Praxisanleitertätigkeit gefallen mir aber sehr gut, zum Beispiel die heutige Social Media-Schulung. Ich finde es wichtig, das Berufsfeld des Laborassistenten bekannt zu machen. Ich habe einen unheimlich vielfältigen Beruf: von der Mikrobiologie über die Pathologie bis zur Histologie. Die Social Media können da ein Sprungbrett sein. Nicht nur, um Nachwuchs zu gewinnen, sondern auch, um im eigenen Unternehmen für unser Berufsfeld zu werben. Wir arbeiten meist versteckt im Hintergrund. Oft möchte ich den Kolleg*innen sagen: „Ihr braucht uns auch! Ohne uns würde das Krankenhaus nicht funktionieren!“ Dass das auch durch Social Media funktionieren könnte, darauf bin ich vorher noch nicht gekommen.
Es heißt jetzt Medizinische Technologin für Laboratoriumsanalytik, aber ich nenne mich immer noch Medizinisch-Technische Assistentin. Ich finde an dem Begriff Assistenz nichts Schlechtes. Wir Assistent*innen unterstützen im Heilungsprozess. Das bedarf vieler Hände. Ärzt*innen, Pflegekräfte, Reinigungskräfte, Elektriker im Krankenhaus – wir alle dienen der Gesundheit des Menschen.
Interview: DRK Kliniken Berlin / Maja Schäfer
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