„Ich weiß jetzt, dass man mich ruhig auf die Patient*innen loslassen kann“: Jenny, Auszubildende Pflegefachfrau

Dass etwas anders ist als sonst auf der gastroenterologischen Station 9A in den DRK Kliniken Berlin Köpenick, merkt man vor allem daran, dass mehr Menschen in Kasacks auf dem Flur unterwegs sind als sonst: eine komplette Ausbildungsklasse angehender Pflegefachfrauen und -männer. Michelle, Jenny und die anderen übernehmen für vier Wochen eigenständig die Station, um sich auf ihr Examen vorzubereiten. Von frustrierenden Erlebnissen und steilen Lernkurven berichten sie im Karriereblog.

Wem trauen wir die Verantwortung zu?

Unsere Auszubildende Michelle übernimmt in der so genannten „Schulstation“ die Position der Abteilungsleiterin. Wie sie zu dieser „Karriere“ kam? Die anderen Azubis haben sie in zwei Wahlgängen gewählt, weil sie ihr diese Verantwortung zutrauten. „Vielleicht liegt es daran, dass ich zuverlässig bin und immer ein offenes Ohr habe, oder daran, dass ich sowieso schon Kurssprecherin bin“, überlegt Michelle. „Und Du bleibst ruhig, wenn es stressig wird“, ergänzt Pia, die „echte“ Stellv. Abteilungsleiterin der Gastroenterologie. „Du machst zwar ein angestrengtes Gesicht, aber Du bleibst ruhig.“

Das ist natürlich eine sehr wichtige Kompetenz. Denn Michelle muss auf der Schulstation alles regeln. Morgens spricht sie mit den Ärzt*innen ab und schaut im Kalender nach, wer entlassen und aufgenommen werden soll. Dann werden die Betten neu verplant, die Patientenversorgung und die Pflegeabläufe eigenständig geregelt.

Hektisch wird es, wenn unvorhergesehene Patient*innen aus der Rettungsstelle kommen. Dann muss Michelle zum Beispiel dafür sorgen, dass Patient*innen Zimmer tauschen. „Anfangs gab es viele Situationen, bei denen ich dachte: Wie regele ich das denn jetzt? Ich habe viel Rücksprache halten müssen. Aber es wurde im Verlauf immer besser, und je weiter wir im Prozess sind, desto ernster werden wir auch von den Ärzt*innen und examinierten Pflegekräften genommen.“

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Das Zeitmanagement ist eine Herausforderung

Sie habe schon als Kind immer gesagt, dass sie mal im Krankenhaus arbeiten wolle, erinnert sich Michelle. Die Schulstation hält sie für eine „extrem gute Erfahrung“, gerade mit Blick auf das bevorstehende Examen. „Für viele Auszubildende sind Selbstorganisation und Zeitmanagement noch eine Herausforderung“, findet sie, und Praxisanleiterin Silvie nickt. „Da steht man als erfahrene Pflegefachkraft manchmal daneben und es juckt einem in den Fingern, weil man weiß, man selber wäre mit der Morgenhygiene schon drei Patientenzimmer weiter als die Azubis. Häufig bleiben auch Nebenaufgaben liegen, weil jede*r denkt, der andere wird’s schon machen, zum Beispiel das Aufräumen des Spülraums.“

Aber das passiert auch in examinierten Pflegeteams und genau dafür ist die Schulstation ja da: um den Rundumblick zu entwickeln, um in regelmäßigen Reflexionen zu überlegen, was besser laufen könnte. Praxisanleiterin Silvie attestiert den Azubis jedenfalls eine steile Lernkurve: „In der ersten Woche war es noch sehr holperig, man konnte viele zitternde Hände und Schweißperlen auf der Stirn beobachten. Aber man kann geradezu zusehen, wie die Auszubildenden mit jedem Tag selbstbewusster werden. Diese geballte Azubipower ist schon toll!“

Alles anders als gewohnt

Auch die erfahrenen Pflegekräfte lernen etwas. „Nach vielen Berufsjahren ist man oft festgefahren, da schadet es nicht, wieder etwas flexibler zu werden“, findet Silvie. Für Pia, die wir euch hier im Karriereblog schon einmal vorgestellt haben, weil sie am Mitarbeiter werben Mitarbeiter-Programm teilgenommen hat, und ihr Team ist es die erste Schulstation, die sie erleben. In Pias Ausbildung hat es sowas noch nicht gegeben. Genug zu tun hat sie trotz der Unterstützung durch die Azubiklasse. Sie übernimmt eine Beratungsfunktion, spricht mit ihren Mitarbeiter*innen, wenn sie unruhig werden, weil die Schüler*innen alles anders machen als gewohnt, und wirbt für Verständnis. Denn für den Nachwuchs ist das alles noch neu.

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„Das wird kein Voll-Desaster“

Die angehende Pflegefachfrau Jenny, die in der Schulstation die Rolle einer normalen Pflegefachkraft übernimmt, erzählt, wie schwierig es zum Beispiel mit einem Schlaganfallpatienten war, der sich nur noch durch Geräusche verständigen konnte. Ihn zum Aufstehen aus dem Bett zu bewegen, habe ein paar Tage gedauert. „Wir haben alles versucht, reden, schreiben, aber wir wussten einfach nicht, was er wollte und wie er es von zu Hause gewohnt war. Der Patient war frustriert und ungeduldig und wir auch.“ Aber nach einigen Tagen verstanden sie seine Geräusche viel besser und er drehte mit Hilfe der Auszubildenden und eines Gehbocks Runden auf dem Flur. Eine große Freude für alle Beteiligten!

Jenny hat für sich die Erkenntnis gewonnen, dass in der Ausbildung vieles „lehrbuchmäßig“ erklärt wird, während in der Realität aber jeder Patient anders ist und man darauf eingehen muss. Es sei ein großer Unterschied, ob man als Schüler*in auf Station nur unterstütze oder jetzt in der Schulstation selbst verantwortlich sei. Vor Beginn des Projekts hat sich Jenny viele Sorgen gemacht, ob sie das alles hinkriegen wird. „Aber jetzt weiß ich, dass man mich ruhig auf die Patient*innen loslassen kann. Das wird jedenfalls kein Voll-Desaster“, sagt sie und alle lachen.

„Kommunikation ist alles“

Jennys „Vorgesetzte“ Michelle zieht nach zwei Wochen Schulstation das Zwischenfazit: „Am wichtigsten ist die Kommunikation. Wenn man Fragen hat, wenn einem etwas auffällt – immer ansprechen und nicht denken, die anderen würden es schon mitbekommen.“

Ihre erste Wahl für eine Festanstellung nach der Ausbildung waren bisher die Rettungsstelle oder die Gefäßchirurgie, weil sie gerne Verbandswechsel macht, die aufgrund der Diabetes-Patient*innen mit Amputationen dort sehr häufig sind. Aber nach der Schulstation findet sie, die Gastroenterologie wäre auf jeden Fall auch eine Option!

Text: DRK Kliniken Berlin/Maja Schäfer

Aline Creifelds, am 21. März 2023
Ausbildung
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