„Jede werdende Mutter kann sich an mich wenden“: Christina, Babylotsin in Köpenick

Diplom-Pädagogin Christina war die allererste Babylotsin an unserem Standort Köpenick. Sie berät werdende und frischgebackene Mütter und Väter und hilft ihnen, besonders schwierige Situationen zu meistern. Manchen Eltern hilft schon ein offenes Ohr oder ein Flyer von einer Beratungsstelle. Und manchmal brauchen sie umfangreichere Angebote der „Frühen Hilfen“. Was das genau ist, erklärt Christina im Interview. Und: wie sie überhaupt Babylotsin geworden ist!

Du arbeitest als Babylotsin bei den DRK Kliniken Berlin, was genau kann man sich darunter vorstellen?

Wo fang ich denn da an? Meine Aufgabe ist es in erster Linie, Mütter und auch werdende Mütter in belastenden Situationen zu unterstützen beziehungsweise auch erst einmal festzustellen, ob sie Unterstützung benötigen. Ich habe ein großes Netzwerk und leite („lotse“) die Mütter dann zu den „Frühen Hilfen“ weiter. So werden niedrigschwellige Angebote genannt, die sich an Eltern ab der Schwangerschaft und Familien mit Kindern bis drei Jahre richten. Sie umfassen praktische Hilfen, Beratungen, Vermittlung an andere Unterstützungssysteme und Begleitung. Grundsätzlich kann man sagen, dass das Programm Babylotse ein Präventionsprogramm zum vorbeugenden Kinderschutz und zur frühen Gesundheitsförderung von Kindern ist. Als solches wird es von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung gefördert. Das hört sich jetzt sehr theoretisch an….

Schildere doch einfach mal ein Beispiel!

Bei uns in der Klinik ist es so, dass sich die werdenden Mütter meist erst zum Start in den Mutterschutz für die Geburt bei uns anmelden. Im Anmeldegespräch erfolgt als Teil der medizinischen Anamnese ein Risikoscreening mithilfe des „Berliner Anhaltsbogens“. Es werden zum Beispiel Fragen zu den Lebensumständen, der Krankengeschichte der werdenden Mutter oder schon vorhandenen Kindern und zur Familiensituation gestellt.

Ab einem festgelegten Punktwert führe ich mit der Patientin später ein klärendes Gespräch, das meist nach der Entbindung auf der Wöchnerinnenstation stattfindet. Manchmal spricht mich auch eine Pflegefachkraft, Hebamme oder Ärztin gezielt an, wenn sie glaubt, dass eine Frau meine Unterstützung braucht.

Es gibt dabei ganz verschiedene Lebensumstände, in denen Familien von einer Beratung oder einer Überleitung in Unterstützungssysteme profitieren, das müssen auch gar nicht immer dramatische Umstände sein. Und nur, weil beim Risikoscreening herauskommt, dass eine Familie möglicherweise Hilfe benötigt, muss das in der Realität noch lange nicht so sein – und anders herum genauso. Manchmal sind es auch ganz kleine Dinge, zum Beispiel wenn eine Familie ganz neu in den Kiez gezogen ist und noch nicht weiß, wo sie Anschluss zu anderen frischgebackenen Eltern finden kann. Ich empfehle dann gern Angebote wie zum Beispiel ein Elternfrühstück im Familienzentrum. Generell ist es so, dass sich jede Schwangere oder Neumutter an uns Babylotsinnen wenden kann und das Angebot allen offensteht.

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Es gab doch bestimmt auch Situationen, welche Dir besonders im Gedächtnis geblieben sind…

Ehrlich gesagt ist es für mich immer besonders schön, wenn ich einfach positive Rückmeldungen der Mütter oder Eltern erhalte und das Gefühl habe, meinem Gegenüber wirklich helfen zu können. Man spürt schon häufig eine Dankbarkeit, wenn man sich um vermeintliche Kleinigkeiten gekümmert hat. Eine Mutter beispielsweise hat einfach keine Hebamme gefunden und war ganz glücklich, als ich ihr eine Hebamme für die Nachsorge vermitteln konnte. Viele sind auch sehr dankbar über Informationen zu den verschiedensten Themen: „Wo finde ich was, wer hilft mir zum Beispiel beim Elterngeldantrag, wo ist eine Schreiambulanz?“

Da pflegst Du sicher zu den verschiedensten Institutionen den Kontakt…

Das stimmt, und ein gutes Netzwerk ist auch ganz wichtig für meine Arbeit. Da sind zum Beispiel die verschiedensten Träger, welche die bereits erwähnten „Frühen Hilfen“ hier im Kiez anbieten, oder auch die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der einzelnen Bezirke. Ich vermittle auch Projekte, die bezirksübergreifend oder in ganz Berlin tätig sind, wie zum Beispiel „Früh geborgen“ für Eltern von Frühchen, welches durch den gemeinnützigen Verein „Weg der Mitte“ durchgeführt wird.

Engen Kontakt halte ich auch zu „meinen“ Hebammen und Familienhebammen. Das besondere an den Familienhebammen ist ihre zusätzliche Qualifikation. Sie begleiten Familien über das Wochenbett hinaus im kompletten ersten Lebensjahr des Kindes und schauen, dass sich die Mutter-Kind-Bindung gut entwickelt oder unterstützen die Mütter bei der Suche nach einem Kinderarzt. Besonders minderjährige oder auch psychisch belastete Mütter benötigen diese langfristige Unterstützung. Leider ist der Bedarf an Familienhebammen größer als das Angebot. Viele Familienhebammen bieten offene Sprechstunden an, zum Beispiel auch für Kleingruppen. Und auch diese vermittle ich dann 😉

Du bist Hebamme oder Entbindungspfleger und möchtest die Mütter und Väter auf unserer Station gemeinsam mit Christina unterstützen? Wir freuen uns auf Dich!

Erzähle uns doch mal, wie Du Babylotsin geworden bist, gibt es da eine spezielle Ausbildung?

Ich habe nach der Schule zuerst Erzieherin gelernt und dann auf dem zweiten Bildungsweg mein Abitur nachgeholt, um Erziehungswissenschaften zu studieren. Bereits da hatte ich den Schwerpunkt Kleinkindpädagogik. Viele Weiterbildungen, die ich besucht habe, beschäftigten sich mit dem Thema und ich habe mehrere Jahre suchtbelastete Eltern und ihre Kinder begleitet und unterstützt.

Als ich dann vor ungefähr zehn Jahren von dem Babylotsenprogramm der Charité gehört habe, fand ich die Idee unheimlich spannend. Ende 2018 haben dann alle Berliner Geburtskliniken in dem „Letter of Intent“ zugesichert, Babylotsen an ihren Kliniken zu beschäftigen. Es haben dann zahlreiche Kliniken Stellen ausgeschrieben.

Mein Wunsch war es, Eltern zu Beginn ihres Familienlebens beratend zu unterstützen, also an dem Punkt, wo die Weichen für das Leben des Kindes erst gestellt werden. Ich habe deshalb das „Fachzertifikat Babylotse“ bei der Medical School Berlin, die vom „Qualitätsverbund Babylotse“ unterstützt wird, erworben.

Und bist dann zu den DRK Kliniken Berlin gekommen…

Ja, genau. Ich war die erste Babylotsin bei den DRK Kliniken Berlin Köpenick und habe das Programm Babylotse hier aufgebaut. Ich mochte den Standort mit seiner schönen Umgebung sofort. Etwas später hat der Senat dann eine Erhöhung der Stundenanteile beschlossen, damit auch die bestehenden Babylots*innen kleiner Geburtskliniken eine Vertretung zum Beispiel bei Krankheit oder während der Urlaubszeit haben. Die Berechnung der Stellenanteile ist gar nicht so einfach, die Stunden der Babylotsen richten sich nämlich nach den Geburten. Die Klinik hat dann noch eine weitere Kollegin eingestellt.

Ich arbeite hier in Köpenick sehr eng mit dem geburtshilflichen Team auf der Entbindungsstation zusammen. Auch wenn ich durch meine pädagogische und nicht medizinische Ausbildung eine kleine Sonderstellung habe, ist der Austausch mit den Pflegekräften, den Ärzt*innen und Hebammen unheimlich toll! Ich habe sehr viel Gestaltungsfreiheit in meinem Arbeitsalltag mit den Müttern. Das schätze ich wirklich sehr und kann mir aktuell auch keinen schöneren Job wünschen.

Aline Creifelds, am 06. Dezember 2022
Aktuelles, Gynäkologie | Geburtshilfe, Köpenick
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