Manchmal helfen schon ganz kleine Handgriffe – wie zum Beispiel die schweren Konservendosen in der Betriebsküche in ein anderes Regal zu stellen – um einem Menschen mit Schwerbehinderung den Arbeitsalltag zu erleichtern, weiß Yvonne. Sie ist Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung der DRK Kliniken Berlin Köpenick. Was sie sonst noch macht, um Unterstützung zu leisten, und wie sie zu ihrem Job kam, berichtet sie hier.
Sie arbeiten tatsächlich in allen Bereichen. Ich weiß, dass es oft Vorurteile gibt und viele denken, Menschen mit Schwerbehinderung erledigen nur einfachste Arbeiten und sitzen im Büro im Verborgenen, aber das stimmt ganz und gar nicht.
Wir haben zum Beispiel mehrere Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen unter anderem mit Schwerhörigkeit und anderen Einschränkungen. In der Physiotherapie arbeiten blinde Therapeut*innen und behandelt dort unsere Patient*innen. Wir haben Mitarbeitende in Rollstühlen auf den Stationen, die dort die Patient*innen unter anderem zu Essenswünschen befragen. Es arbeiten Stationsassistent*innen, aber auch Mitarbeitende in der IT und der Verwaltung mit Schwerbehinderung bei uns. Sie gehen ganz normalen Berufen nach.
Übrigens: Auch ein Diabetes oder eine psychische Erkrankung stecken manchmal hinter dem Schwerbehindertenstatus. Es sind nicht immer gleich sichtbare körperliche Einschränkungen.
Wenn Menschen schwerbehindert sind oder während ihrer Tätigkeit bei uns schwerbehindert werden, bin ich die erste Ansprechpartnerin bei uns im Haus. Ich helfe bei der Bearbeitung von Anträgen, zum Beispiel bei der Beantragung des Schwerbehindertenausweises, arbeite eng mit dem Inklusionsamt, der Rentenversicherung und den Krankenkassen zusammen. Ich stehe unseren schwerbehinderten Mitarbeitenden, wenn sie es möchten, vom Berufseintritt oder Beginn der Schwerbehinderung bis zur Rente zur Seite. Außerdem unterstütze ich bei möglichen zwischenmenschlichen Problemen am Arbeitsplatz oder beantrage Hilfsmittel, die die Arbeit erleichtern können.
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Oft ist es so, dass Mitarbeitende nach langer Krankheit mit einer beruflichen Wiedereingliederung zurück in den Beruf starten. Sie arbeiten also zuerst im so genannten „Hamburger Modell“ nur wenige Stunden und stocken dann langsam auf, wenn es die Gesundheit zulässt. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement, eine Vertretung des Mitarbeitenden, der Betriebsrat und ich führen dann mit der Person erste Gespräche, um zu erfahren, wie sie bestmöglich für den Wiedereinstieg unterstützt werden kann.
Medikamentenwägen, die hoch genug sind, dass die Pflegekraft sich nicht bücken muss, oder Hebebühnen, um Patient*innen im Bett zu bewegen, können bei Rückenproblemen hilfreich sein. Für Mitarbeitende mit Behinderung in der Verwaltung organisiere ich besondere Tastaturen, Monitore oder Stühle. Menschen mit Hörbeeinträchtigung bekommen besondere Telefone, die sich mit ihren Hörgeräten oder Implantaten verbinden lassen. Für eine Pflegekraft im ambulanten OP habe ich vor Kurzem erst eine spezielle Lichtsignalanlage beantragt.
Das Problem war, dass es nur einen Klingelton gab, aber verschiedene Türen, und sie immer hinter jeder Tür schauen musste, ob von dort jemand in den OP hereinkommen will. Durch das visuelle Signalweiß sie nun sofort, hinter welcher Tür jemand steht.
Ich vermittle auch Kontakte zu Schrift- und Gebärdendolmetscher*innen, damit unsere schwerbehinderten Mitarbeitenden an Sitzungen und Konferenzen teilnehmen können. Zudem unterstütze ich Mitarbeiter*innen, die psychisch erkrankt sind, bei Anträgen oder bei der Suche nach geeigneten Ärzt*innen oder Tageskliniken. Die psychischen Erkrankungen nehmen immer mehr zu.
Generell kann man sagen: Es nehmen mehr Menschen, die schon lange im Unternehmen sind und dann eine Schwerbehinderung bekommen, die Angebote war. Bei den Neueinstellungen haben wir leider kaum schwerbehinderte Menschen dabei, was wirklich schade ist, da die DRK Kliniken Berlin tolle Unterstützung leisten.
Die meisten möchten ganz normal behandelt werden wie Du und ich. Sie wollen keine Sonderbehandlung und auch kein großes Aufsehen um ihre Person. Trotzdem wünschen sie sich, dass man auf ihre speziellen Bedürfnisse Rücksicht nimmt.
Wenn es Probleme oder Wünsche gibt, kommen diese Mitarbeitenden zu mir und ich helfe oder vermittle. Viele trauen sich nicht, das offen anzusprechen – aus Scham. Wir haben auch viele Mitarbeitende mit Long Covid oder psychischen Beschwerden, die nicht mehr so belastbar sind. Weil sie vorher jahrelang voll einsatzfähig waren, fehlt oft das Einfühlungsvermögen der Kolleg*innen. Da wäre der Wunsch nach mehr Verständnis.
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Ich war lange Jahre als Chefarztsekretärin in der Allgemeinchirurgie tätig. Nachdem ich vor zehn Jahren selbst sehr krank geworden bin und danach einen Grad der Behinderung (GdB) bekommen habe, fing ich an, mich für diesen Bereich zu interessieren. Meine Vorgängerin, hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, ihre Stellvertretung als Schwerbehindertenvertreterin für unseren Standort in Köpenick zu übernehmen. Ich habe mich dann zur Wahl gestellt und wurde auch gewählt.
Man muss sich das ein wenig wie die Betriebsratswahl vorstellen, nur dass in diesem Fall ausschließlich Mitarbeitende mit Schwerbehinderung wahlberichtig sind. Als meine Vorgängerin vor zwei Jahren in Rente ging, habe ich automatisch ihre Position übernommen und wurde dann 2022 für die nächste Amtszeit gewählt.
Eine Amtszeit geht über vier Jahre. Die Arbeit in der Schwerbehindertenvertretung erfordert eine Menge fachliches Wissen, um behinderte Kolleg*innen gut zu beraten und mit Arbeitgeber und Betriebsrat auf Augenhöhe zu agieren. Deshalb sind Weiterbildungen und Schulungen für den „SBV-Vertreter“ sehr wichtig. Ebenso aber auch Empathie und ein großes Interesse an den Menschen, die mit ihren Sorgen zu einem kommen.
Die Tätigkeit ist unheimlich abwechslungsreich. Entweder die Leute rufen mich an, scheiben mir oder ich gehe auf sie zu, wenn ich von ihnen durch die Gespräche der beruflichen Wiedereingliederung erfahre, und biete meine Hilfe an. Mir macht meine Arbeit viel Spaß, ich arbeite mit tollen Menschen zusammen, kann mir meinen Tag eigenständig organisieren und noch dazu ist meine Arbeit sinnstiftend. Was will man mehr?!
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