In den DRK Kliniken Berlin setzen wir auf Wissenschaft und Innovation. Wir nutzen die Expertise unserer Mitarbeitenden, um die professionelle Pflege voranzutreiben. Unser Ziel ist es, den zukünftigen Herausforderungen in der Pflege lösungsorientiert und methodisch kompetent zu begegnen. Vor diesem Hintergrund planen wir die Einführung des Advanced Nursing Practice (ANP)-Konzepts in unseren Kliniken. Juliane Winkler, unsere neue Referentin für Pflegeentwicklung, erklärt euch, was es damit auf sich hat.
Beim ANP geht es um erweiterte und spezialisierte Pflegeaufgaben, die von speziell ausgebildeten Mitarbeitenden übernommen werden. Eine Stelle als Advanced Practice Nurse (APN) kann man bekommen, nachdem man einen Master in Pflegewissenschaft oder ANP erfolgreich abgeschlossen hat. Pflegepädagogik oder Pflegemanagement als Studium funktionieren dagegen nicht.
Wir möchten in den DRK Kliniken Berlin in Zukunft verschiedene Pflegeprofessionen miteinander auf den Stationen beschäftigen: Pflegefachassistent*innen, examinierte Pflegefachkräfte und Pflegekräfte mit Bachelor oder Master Abschluss.
Natürlich kann man sich als Gesundheits- und Krankenpfleger*in auch in Bereich wie Wundmanagement oder Intensivfachpflege und Anästhesie weiterentwickeln. Diese Fachweiterbildungen sind – trotz Theorieanteil – insgesamt sehr praxisorientiert und man bekommt konkretes Werkzeug für konkrete Fälle an die Hand.
Bei den APNs kommt vor allem die pflegewissenschaftliche Komponente dazu, die sie im Studium erworben haben und nun in der pflegerischen Praxis einsetzen können. Sie entwickeln eigenständig neue Pflegekonzepte auf Basis topaktueller wissenschaftlicher Literatur und bringen sich mit Ideen und Innovationen ein.
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Eine Advanced Practice Nurse würde, wenn sie eine*n Patient*in mit Aorten-Aneurysma auf Station hat, überlegen, welches Hintergrundwissen sie dazu aus ihrer vorhergehenden pflegerischen Praxis mitbringt, und recherchieren, ob es dazu wissenschaftlich belegte neue Pflegekonzepte gibt. Wenn ja, würde sie sie vorschlagen, im interdisziplinären Team diskutieren und dann die Anwendung implementieren und auch evaluieren.
Bezüglich der Versorgung von Patient*innen mit dementiellen Erkrankungen würde man ebenfalls mit verschiedenen Expert*innen, aber auch Angehörigen sprechen und ein Pflegekonzept erarbeiten, bei denen die Bedürfnisse dieser Zielgruppe besser berücksichtigt werden als das in der Akutpflege normalerweise der Fall ist.
Beim Thema Mangelernährung geht es nicht nur darum, Wunschkost anzuordnen oder hochkalorische Nahrung zu verabreichen. Eine APN würde überlegen, wie ein weiterführendes Screening auffälliger Patient*innen aussehen könnte und welche Maßnahmen für diese in Frage kommen, um Mangelernährung frühzeitig begegnen zu können.
ANP bedeutet letztendlich immer auch Change Management. Denn vieles, was bisher als Standard gilt, wird hinterfragt. Das Wohl der Patient*innen steht dabei natürlich an oberster Stelle.
Grundsätzlich ist unsere Pflegeausbildung auch im Ausland anerkannt und Pflegepersonal auch da sehr willkommen, denn professionell Pflegende sind auch in anderen Ländern Mangelware. Und klar sind auch Pflegende mit der Qualifikation ANP heiß begehrt.
In anderen Ländern fallen allerdings unter den Oberbegriff Advanced Practice Nursing zwei Unterkategorien: Die so genannten Nurse Practitioner und die Clinical Nurse Specialists. Das deutsche Recht lässt nur die Beschäftigung als Clinicial Nurse Specialist zu – also eine spezialisierte Pflegefachkraft im Krankenhaus.
Ein*e Nurse Practitioner, wie man sie zum Beispiel aus der Netflix-Serie „Virgin River“ kennt, ist ein*e Gesundheits- und Krankenpfleger*in mit erweiterten Kompetenzen, die die volle klinische Verantwortung für die medizinische Behandlung der Patient*innen hat und auch Medikamente oder so genannte Bedarfsmittel verschreiben darf. Ein*e Nurse Practitioner stellt die Brücke zwischen Pflege und Medizin dar.
Die Unikliniken sind meist mit dem APN Konzept vertraut und vereinzelt fortschrittliche Krankenhäuser wie das Florence Nightingale Krankenhaus in Düsseldorf, das eng mit der Uni Witten-Herdecke zusammenarbeitet und viele Master-Absolvent*innen von dort beschäftigt. In der Fläche tun sich deutsche Krankenhäuser aber noch eher schwer mit dem Konzept.
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Ich habe die dreijährige Pflegeausbildung gemacht und dann vier Jahre auf der Onkologie gearbeitet. Nebenbei habe ich mein Fachabitur nachgeholt und dann ein Bachelorstudium Pflegemanagement absolviert. Das war mir allerdings zu weit weg von den Patient*innen. Darum habe ich für den Master in den Studiengang Pflegewissenschaften gewechselt. Eine Woche im Monat hatte ich Präsenzkurse an der Uni Witten-Herdecke, den Rest der Zeit habe ich in Berlin gearbeitet, unter anderem als studentische Mitarbeiterin in der Charité und in der Alice-Salomon-Hochschule.
Zeitweise war ich Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung und ich engagiere mich im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordost. Meine letzte Station vor den DRK Kliniken Berlin war das Ev. Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge. Auch dort habe ich bereits Bachelorabsolvent*innen in der Pflege betreut.
Im Moment hospitiere ich in verschiedenen Bereichen wie im Qualitätsmanagement und Wundmanagement, um zu verstehen, wie das Unternehmen funktioniert, und mögliche Stationen für ein Pilotprojekt mit dem APN-Konzept zu finden. Ich möchte auch, dass man mich zuerst kennenlernt und Vertrauen aufbaut. Bei der Einführung von Innovationen sollte man sich nicht dort abarbeiten, wo die Beteiligten keine Lust darauf haben, sondern da, wo alle an Bord sind.
Es wird darum gehen, Mitarbeiter*innen zu finden, die wir zu Advanced Practice Nurses weiterbilden können. Denn es sollen nicht nur Externe dazu geholt, sondern eigene Mitarbeitende gefördert werden. Dazu muss ich herausfinden: Wer hat schon einen Bachelor of Nursing? Wer braucht nur noch wenige Module nachzuholen, um ihn zu erhalten? Manchmal geht das schon in anderthalb Jahren.
Von Anfang an muss ich auch mögliche Stolpersteine im Blick haben. Man darf nicht vergessen, dass Bachelorabsolvent*innen, die direkt nach dem Abitur ins Pflegestudium gegangen sind, auf Station genauso Berufsanfänger*innen sind wie examinierte Pflegefachfrauen und -männer nach der Ausbildung. Es ist eine Herausforderung, wenn sie sich gleichzeitig in den Stationsalltag einfinden und die Pflege weiterentwickeln sollen.
Die Sorge, dass in Zukunft alle Pflegenden nur noch studieren möchten, teile ich übrigens nicht. Obwohl ich mich natürlich freuen würde, wenn sich mehr Menschen für ein Studium entschließen würden. Aber das Tolle an der Pflege ist ja, dass für jede*n die richtige Nische vorhanden ist.
Interview: DRK Kliniken Berlin / Maja Roedenbeck Schäfer
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